Heruntergekommener Bahnhof

Er blieb auch urplötzlich stehen und seufzte tief.
"Ich hätte Grace von Anfang an beibringen sollen, dass Rees eigentlich ihr Vater, Mutter, was auch immer ist, oder?", fragte er dann leise.

Neo wollte zur antwort ansetzten, schluchzte dann jedoch nochmal.
"Es...es war schön so zu tun als wären wir eine Familie...", meinte sie nur.

Er seufzte auf und nahm sie in die Arme.
Ja, er hatte wirkliche Zuneigung seiner kleinen Schwester gegenüber entwickelt.
"Es tut mir leid.", meinte er dann leise.
"Es ist ja nicht so, dass ich dich jetzt ignoriere, Neo... Wenn du willst können wir auch weiterhin was zusammen machen. Nicht traurig sein..."

Sie war aber traurig Cain.
Daran konntest du auch nichts ändern.
Ihr Herz zerbrach dir in tausend Stücke.
"Es wird nie mehr das Gleiche sein..."

Sie bekam einen Kuss auf die Stirn.
"Vergib mir..."

"Es gibt nicht zu vergeben."
Damit machte sie sich los und ging zurück in ihr Büro.

Er ging ihr besorgt nach.
"Neo...jetzt vergrab dich doch nicht wieder in deinem Büro!"

"Bitte Cain...lass es. Du willst Rees und nicht mich. Lüg mich doch nicht an, von wegen du würdest trotzdem noch bei mir sein. Etwas unternehmen? Wann? Einmal im Jahr? Willst du dann mal kurz vorbei schauen!?"
Sie würde nicht mehr bei und mit ihm schlafen dürfen, nicht mehr die Mutter für Grace sein. NIcht mehr den ganzen Tag bei ihm verbringen. Teilen? Dass konnte man nicht teilen nennen. Das war ein Trostplaster.

"Es ist keine Lüge, Neo. Wenn du rufst, komme ich."
Nein, Rees würde teilen müssen.
"Ich versprechs."

"Mal sehen wie lange dein Versprechen hält."
Sie verschloss die Tür hinter sich.

Er seufzte tief und fuhr sich über die Stirn.
Und ab gings zu Grace.
"Gracie?"

Die saß in ihrem Zimmer auf dem Bett und hörte etwas Musik.
Als Cain herein kam machte sie die den CDplayer aus.
"Was ist Papa?"

Die Anspannung fiel von ihm ab und er setzte sich zu ihr aufs Bett.
Lächelte sie an.
"Nichts, ich wollte nur mal nach dir schauen."

"Oh..."
Sie kuschlete sich sofort an ihn.
"Ich hab Bauchweh."

In leichten, kreisenden Bewegungen streichelte er ihr über den Bauch.
"Armes Mädchen."

"Ja!", stimmte sie zu und machte es sich bequem.

"Tuts sehr weh?", fragte er nach, ehe ein sanfter Ausdruck auf sein Gesicht trat.

"Jaaaaaaaaaaaa! Du musst ganz lange streicheln!"
Hehe...

"Arme Kleine."
Er kraulte artig weiter.
Nutz doch den armen Papa nicht so aus.
"Kann ich dich irgendwie aufheitern?"

"Darf ich heute Nacht bei dir schlafen?"

"Klar darfst du. Ich schau nur vorher nochmal nach Rees. Wie immer, ja?"

"Ja...kommt Mama auch wieder mit ins Bett?"

"Ich glaub sie mag heute nicht.", lächelte er und stand dann auf.
"Bis gleich"
Und schon huschte er wieder zu Rees.

Sie machte es sich schonmal in seinem Bett bequem.
Rees sah nachdenklich auf dem Bett.
Wusste nicht, was er von all dem halten sollte.

Cain klopfte kurz an und betrat dann das Zimmer, in dem er sich auf einem Stuhl niederließ.
"Wie geht es dir, Kleiner?"

"Es hat sich so viel verändert", kam es ehrlich.

Er nickte leicht, setzte sich dann auch schon neben Rees auf das Bett.
Ohne irgendetwas zu sagen beugte er sich runter und schloss ihn in die Arme.
Und wenn er sich noch so sehr wehren würde.
"Es waren zwölf Jahre, Rees...Das sind 4384 Tage, 105.216 Stunden, 6.312.960 Minuten oder auch 378.777.600 Sekunden. Ich dachte, du hättest mich verlassen...endgültig."
Und schon liefen bei ihm die Tränen.
"Warum hast du nicht besser auf dich aufgepasst?!"

Er tat nichts dergleichen.
"Weil ich wütend war. Weil ich wissen wollte, wie Mom sich entscheidet..."

Er schnaubte.
"Ich geh auch nicht hin und stürz mich mal aus Wut von einer Klippe!", fauchte er, bevor er stutzte.
"Wieso wolltest du das wissen?"

"Weil ich dachte, sie hätte sich geändert."
Er schwieg wieder.
"Muss ich dich jetzt mit Neo teilen?"