Heruntergekommener Bahnhof

Sie zuckte sichtlich zusammen.
"Cain ist kein Sturkopf. Sei nicht so negativ.", versuchte sie abzulenken.

"Du fährst auf dem Ponykarusell. Komm schon, das will ich mal sehen."

Rees ließ sich aber nicht ablenken.
"Und du hast ihn umgebracht. Versucht nicht einmal ihn zurück zu bringen! Obwohl du mich nur umbringen müsstest, weißt du? Du müsstest nur mein Herz heraus reißen und das seine einsetzten. Dann wäre er wieder da. Seine Seele wäre wieder da. Bei dir. Sie würde nicht mehr dort schmoren, wo sie dank dir ist."

"Klar, du musst nur mitkommen!"
Er bekam eine Zuckerperlenkette um den Hals gehängt, ehe er schon auf das Karusell gezerrt wurde, und dieses los ging.
"Komm Cain! Setzt dich auf ein Pferd!"

Abrupt wich sie vor Rees zurück. Hastig, sodass sie prompt von dem Bett knallte.
Ihre Augen waren aufgerissen, starrten Rees entsetzt an, bevor sie langsam den Kopf schüttelte, sich die Hände auf die Ohren presste und die Augen schloss.
"Er lügt, er lügt, er lügt, er lügt, er lügt.", murmelte sie dabei immer und immer wieder.
Cain, nie warst du da, wenn man dich brauchte.

Er lachte sogar tatsächlich und setzte sie zuerst auf ein Pferd, bevor er sich selbst eines suchte.

Cain amüsierte sich nunmal gerade seit Monaten endlich wieder.
Rees hingegen stand nun vom Bett auf und zog ein Messer aus dem Nachttisch. Drückte es Raiko in die Hand.
"Na los? Willst du Yuu denn nicht wieder? Willst du das seine Seele so leiden muss?!"

Sie riss die Augen auf und starrte gequält auf das Messer.
Natürlich wollte sie Yuu wieder! Aber sie wollte doch, dass er endlich sein eigenes Leben leben konnte, ohne sich ständig um sie kümmern zu müssen!
Ihr Blick wanderte zu Rees.
Es könnte ganz schnell gehen.

Sie nahm die Spitze des Messers und drückte sie sich gegen die Brust, ließ es jedoch in Raikos Hand.
"Na los! Alles kann so werden wie du es willst! Genau so..."
Blut rann ihre Brust hinab.

Auch Neo lachte und tat so, als würde sie dem Pferd die Sporen geben.
"Komm Cain, reiten wir um die Wette!", scherzte sie.

"Hör auf...", wimmerte sie und löste verkrampft ihre Hand von dem Griff.
"Ich will das nicht..."
Lüge! Ein Teil von ihr hoffte, dass Rees es nun noch weiter hineinstieß.

"Natürlich.", gab er zurück und lachte leise in sich hinein.

"Und wie du es willst!"
Sie ließ das Messer ebenfalls los.
"Du willst es mehr als alles andere. Los, schneid es mir doch raus! Schneid es raus!"

Als die Runde vorbei war, sprang sie von ihrem Pferd und tanzte zu ihm herüber.
"Gewonnen!", meinte sie strahlend und drückte ihm einen Kuss auf die Wange.

Bevor sie wirklich wusste, was sie tat, befand sich das Messer auch schon wieder in ihrer Hand.
Sie schüttelte den Kopf.
"Nein.", murmelte sie wieder, sah Rees aber nicht mehr wirklich an, starrte auf die Stelle, an der sich ihr Herz befand.

"Jap, ich hab dich ja auch gewinnen lassen."

"Oh doch. Du willst doch nicht das Yuu leidet oder? Und er leidet sehr, glaub mir! Ich habe ihn immerhin im Kopf!"
Sie lachte leise, ehe sie sich rückwerts aufs Bett fallen ließ.
"Na los!"

"Sicher doch, Bruderherz."
Sie knabberte etwas an ihrer Kette herum.

Er...leidete? Sie hatte das Gegenteil von dem bezweckt, was sie hatte erreichen wollen?
Zittrig kletterte die Schwarzhaarige wieder auf das Bett.
Zog sich zögerlich zu Rees, bevor ein trockenes Schluchzen ihren Körper schüttelte, die Tränen in ihren Augen sammelte.
Sie konnte doch Rees dafür nicht töten!
Und doch hatte sie gerade den Dolch in der rechten Hand.

"Einbildung ist auch ne Bildung."

"Heulen bringt auch nichts Raiko!", lachte sie.
"Jede Sekunde leidet er mehr..."

"Meine Rede!"
Sie stieg aus dem Gefährt und nahm seine Hand.
"Hunger? Da hinten gibt es Hotdogs!"

Es lief trotzdem über.
"Ich will dir nichts tun...", flüsterte sie, hob aber schon die Hand mit dem Dolch, um sie in ihren Brustkorb zu stoßen.
"Ich will nicht..."

"Klar!"
Er lief neben ihr her.

"Lügnerin."
Sie schloss die Augen.

Letztendlich landeten sie mit zwei Hotdogs auf einer Bank, eine Cola in der Mitte.
"Schmeckts?"

"Ich will nicht...Rees...", wimmerte sie, stach jedoch zu.
Ein Zwiespalt.

"Hmhm"
Mit vollem Mund sprach man nicht!

Das Messer brach durch die Eisschicht, die versucht hatte das Herz zu stützen.
Tief blieb es in ihrem Fleisch stecken.
Rees grinste.
"Du Monster."

Sie lachte und aß ihr letztes Stücke, ehe sie die Kette um ihren Hals hervor zog und dein Ring ins Licht hielt.
"Findest du nicht auch, dass er wunderschön ist?"

Ihre Hand krampfte sich um den Griff des Dolches. Sie wollte loslassen, wollte vor Rees fliehen, aber ihre Hand löste sich einfach nicht.
"Nein...sei still..."
Die Tränen tropften auf ihr Gesicht.

"Liegt im Auge des Betrachters."

Plötzlich wurden Rees Züge weich und ihr Blick warm.
Sie strich Raiko die Tränen aus dem Gesicht. Streichelte über ihre Wangen.
"Nicht weinen. Ich weiß nicht was mit Yuu ist...ich habe nur seine Erinnerungen...", sagte sie leise und zog Raiko zu sich herunter.
"Ich weiß, wie du doch fühlt."
Das Laken färbte sich rot.

"Wenn mich mal jemand heiraten will, dann möchte sich auch einen solch wunschönen Ring!"
Sie strahlte wieder.
"Ich will auch so einen Traumprinz wie Daddy...und ein schönes Kleid!"
Neo war manchmal eben auch nur ein Mädchen.

Sie erstarrte vollständig.
Rees hatte sie angelogen.
Ein Abgrund tat sich in ihrem Bewusstsein auf.

"Du wirst bestimmt einen finden.", schmunzelte er.

Natürlich hatte sie das. Immerhin wollte sie wissen wie weit Raiko ging.
"Nicht traurig sein."

"Hoffenlich...ich habe noch keinen kennengelernt, der sich an mich ran traut....eigentlich dahcte ich, dass es Creon ist aber...",s ie zuckte mit den Schultern.
"Das war doch recht einseitig...und dann ist er gestorben."

Ihre Mundwinkel zuckten leicht nach oben, während die Tränen weiterhin über ihr Gesicht rannen.
"Du hast Recht...ich bereus gar nicht...", hauchte sie, bevor sie vollständig zu weinen anfing.

"Das wird schon noch."
Er wuschelte ihr durch die Haare.
Caaain~ Dein Rees verblutet gleich~ Hallooo~

"Gut so..."
Ihr wurde durchs Haar gestrichen.

So konnte es gehen...
"Hai."

Sie weinte einfach weiter.
Fand keine Worte wie "Tut mir leid" oder "Ich will nicht, dass du stirbst."
Es wären Lügen.

"Nichts ja. Das wird schon. Glaub mir."

Rees war egal. Sie war immerhin ihre Mutter.
Sie hielt sie einfach weiterhin im Arm.

Sie nickte, ehe ihr Blick auf einen Mann viel, der sie 100 Meter weiter beobachtete. Etwas war anders an diesem Mann.
"Cain...wir sollten jetzt besser gehen..."

Und irgendwann hatte sie sich auch wieder beruhigt.
"Rees?"

"Okay."
Er stand auf und schnappte sich die Cola.
"Bei Fuß, kleine Schwester."

Sie bekam eine Antwort mehr. Nur ein ganz ganz schwach pochendes Herz war noch zu hören.

Sie stand auf und kam auch schnell an seine Seite. Schnell wurde sich bei Cain eingehakt.

Sie drückte sich an ihr Kind und starrte mit weit aufgerissenen Augen nach vorn.
Vielleicht könnte sie ihr noch helfen, sie noch irgendwie retten.
Den Dolch rausziehen?
Aber wieder wollte sich nicht einmal einer ihrer Finger bewegen. Es war wie verhext.

"Wir können ab jetzt ja jede Woche was machen, wenn du möchtest."

Vielleicht...


Neo Augen leuchteten.
"Wirklich!?"

Sie konnte nur beten, dass Cain schnell hierherkam.
Aus irgendeinem Grund.

"Klar."

"UIIII! Ja sehr gern!"
Sie hüpfte neben ihm auf und ab.
Cain, du hattest gerade jemanden sehr sehr glücklcih gemacht.