Heruntergekommener Bahnhof

"Ne, ich bin auch so geil."

"Eben."
Er stand auf.
"Mann...ich bekomm immer nen Ständer von dem Zeug!"
Er spuckte die Bonbon-Reste auf und strich sich über die gewölbte Hose.
"Bin Klo. Bis später."

Cain winkte ihm nachlässig nach.
"Bis später, Primaballerina."

"Nenn mich nicht so!"
Weg war er.

Darüber hatte Ravan keine Gewalt.
Cain nannte ihn so, wie er ihn gerade nennen wollte.
Und Primaballerina war eben ganz hoch im Kurs.
Gut, dass die Anderen das nicht verstanden.

Nicht solange sie ihn nur in Schuluniform sahen.
Und das würden sie, da Raven nicht vorhatte seine hochwohlgeborene Freizeit mit niederen Menschen zu verbringen.
Er hockte in seinem Zimmer und zeichnete oder stellte neue Klamotten-Kombis zusammen, während Cain weg war.

Er würde es müssen, wenn er mit Dinge mit Cain unternehmen wollte - der hatte sich nämlich durchaus Freunde (und Essen) gesucht und kam trotz der Sprachbarriere relativ gut dort zurecht.

Da unternahm er lieber nichts mit seinem Bruder.
Cains Hobbys waren ihm eh zu Assi.
In der Zeit wo sein Bruder weg war, hockte er bei Cade und sah sich Modezeitschriften an.
"Kann ich eine Nähmaschiene haben?"

Zu Assi!?
So ein kleines Dreckskind!
Cade runzelte die Stirn.
"Du hast ne Karte, mach damit, was du willst."

Seufzten.
"Okay..."
Er blätterte weiter.
"Meine Augen tun weh."

Cade stieß ein Seufzen aus.
"Dann musst du einen Sehtest machen lassen."

"Einen Sehtest?"

"Ja. Vielleicht tun sie weh, weil du nicht richtig siehst."

Er stand auf und kam zu Cade herüber.
Sich auf seine Oberschenkel abstützen und nah an sein Gesicht heran kommen.
"Glaubst du? Schau Mal!"
Er riss die Augen auf.

"Ich bin kein Augenarzt, Ravan, das sieht man nicht von außen."

"Trotzdem..."
Er verlagerte das Gewicht auf Cade.

"Nichts trotzdem. Was hast du ausgefressen?"

Blinzeln.
"..gar nichts...", kam es ehrlich.

"Du klebst förmlich an mir. Was willst du?"

"...gar nichts..."
Er kam noch näher.
"Guckst du?"

"Ravan, ich seh verdammt noch mal nicht, welche Sehstärke du hast mit bloßen Auge!"
Er schob ihn weg.

Ravan sah ihn einen Moment lang verletzt an, ehe er seine Zeitschrift packte und verschwand.
Das mit seinem Vater würde nie wieder besser werden...

Ravan, was kamst du ihm auch mit deiner Sehstärke?
Papa verstand dich eben manchmal nicht...

Weil man Papa meist nur über medizinische oder biologische Sachen zur Aufmerksamkeit brachte.
Zumindest war Cain Bett belegt, als dieser heim kam.

Wie immer, wenn Ravan ein Problem hatte, ne?
"Was ist denn jetzt schon wieder, hm?", bekam er auch direkt zu hören.

Ganz genau.
Ravan lag nackt auf dem Rücken, das Gesicht in Cains Kissen gepresst.
Die Narben auf seinem Rücken schimmerten leutend rot.
"Ich will nach Hause."

"Ziehst du dir mal ne Unterhose an?", schnaubte er.
"Und wir können nicht nach Hause."

"Ich will nicht aufstehen...", jammerte er in das Kissen.
"Kuschel mich."

"Wenn du dir eine Unterhose anziehst."
Er bekam eine an den Kopf geworfen.

Und zog sie auch schweigend an.
"Jetzt?"