Heruntergekommener Bahnhof

"Wenn du dir was anziehst und dich saubermachst."
Sie küsste ihn auf die Wange - und passte schön dabei auf, dass sie nichts abbekam.

Wieso?
Ekelte sie sich vor dem Sperma von ihrem eigenen Sohn?
Schmeckte so ähnlich wie das von Yuu, Raiko.
"Nein."

Nein, aber sie musste sich deswegen nicht unbedingt darin wälzen.
"Dann hast du Pech gehabt. Cain ist schon aus der Dusche draußen und wieder unten."

"Kommst du mit in die Dusche?", fragte er sie und lies sie los.
Wär doch mal was...

"Nein.", meinte sie.
"Ich geh nicht mit dir duschen."

"Warum nicht?", kam es verwirrt.
"Du hast früher auch mit mir geduscht."

"Jetzt bist du zu alt dafür, Rees."
Sie setzte sich an den Tisch und legte den Kopf auf die Arme und betrachtete betrübt die Maserung des Tisches.

"Wieso? Was ist jetzt anders als damals? Ich bin nur größer..."
Er setzte sich neben sie.

"Eben deswegen, Kleiner, nimm es mir nicht übel, ja?"

Fauchend stand Rees auf.
"Warum seit ihr nur alle so!?", zischte er und verschwand nach draußen.

Sofort schoss sie nach oben und lief ihm nach.
"Rees!"
Und holte ihn auch bald ein.
"Rees! Was ist denn los?!"

Fauchend drehte Rees sich auf den vom Nachtregen nassen Gassen zu ihr um.
"Alles ist los! ALLES!"

"Was ist alles?"
Sie näherte sich ihm auf ein paar weitere Schritte.

"Ich..."
Er machte wieder ein paar Schritte zurück.
"Ich darf es nicht sagen. Ich habe versprochen dass ich niemanden mit Worten verletze."

"Rees, mir kannst du alles sagen. Ich bin immerhin deine Mutter. Ich verkrafte das schon."

"Nein. Ich hab es Cain versprochen."
Ja...Cain...

"Cain ist aber nicht hier und wird es niemals erfahren."

Der nasse Boden vereiste.
"Geh nach Hause, Mama."

"Nur, wenn du mitkommst. Du wirst noch krank."

"Nein, werd ich nicht. Geh."
Das Eis zog sich bis zu ihren Füßen.
Ja, er drohnte ihr.

"Nein, werd ich nicht. Komm mit.", sagte sie nur stur, warf aber einen misstrauischen Blick auf das Eis und verkniff sich den Impuls, zurückzuweichen.

"Nein! Immer wollt ihr, dass man tut was ihr sagt aben nie bekommt man Antworten!"
Er bleckte nun die Zähne.
"GEH WEG!"

Sie seufzte und holte dann tief Luft.
Ging sie eben auf ihn zu. Lebensmüde? Vielleicht.
"Hör auf zu jammern. Ohne eine vernünftig gestellte Frage gibt es keine Antwort. Komm jetzt."

Und damit rastete er aus.
Seine Worte gingen in einem Fauchen unter als auch schon ein gewaltiger Vogel vor ihr kauerte.
Er war noch nicht so groß wie ein ausgewachsenes Tier und auch sein Gefieder war das eines Jungvogels, dennoch waren seine Klauen spitz und sein Schnabel scharf.

Sie blieb stehen und musterte ihn bestürzt.
"Rees...beruhig dich doch bitte wieder."
Und dann machte sie trotzdem noch ein paar Schritte nach vorne.

Schon wurde sie von den Füßen gerissen.
Dann machte er sich auch schon davon in die Nacht.
Ganz toll Raiko, jetzt warst du ihn los.

Warum ganz toll Raiko? Cain war doch Schuld.
Der würde von Raiko auch noch einen drüber bekommen...später...jetzt erstmal schrieb sie Yuu eine SMS, dass sie nach ihm suchen würde und machte sich dann auf den Weg.

Und sie würde vergebens bis in den Morgen suchen.
Der war weg, Raiko und ein kleines Wesen wie du konnte ihn nicht finden.

Gegen Vormittag kehrte sie auch nachhause zurück, verpasste Cain eine schallende Ohrfeige und ging dann duschen.

Yuu wartete besorgt vor dem Band auf sie.
"Was hast du denn gemacht?", fragte er Cain müde.