Heruntergekommener Bahnhof

Sie verdrehte die Augen.
"Du übertreibst, Dad."

Er beobachtete sie.
"Bekomm ich noch Tee?"

"Versuchs mal."

"Ich habe es selbst erlebt, ich weiß wovon ich spreche."

Ihr Blick huschte zu der zerbrochenen Kanne.
"Ich schaue ob wir noch 'Nahrung' dahaben."
Weg war sie.

Heftigeres Kopfschütteln.
"Versuch du es doch Mal."

"Rees ist anders."

Nahrung...nett.
Er seufzte, stand dann aber auf, um die Scherben einzusammeln.

"Nein. Ich spiele schon."

"Ja, schlimmer. Glaub mir, Ai. Ich lüge dich nicht an. Was hätte ich davon?"

Neo hatte eben schon lange nichts mehr gegessen, aber sie wusste das Cade etwas in seinem Büro hatte, wegen Yuu.
Bald kam sie auch mit einer neuen Tasse zurück.
"Ich weiß aber nicht, was es für ein Geschmack ist..."

Rees lehnte sich wieder an ihn und vergrub das Gesicht in seiner Kleidung.
"Aber ich kann nicht singen!"

Das Haus schien verlassen. Keine Sei da.
Dennoch hörte man aus dem Schlafzimmer etwas.

"Vielleicht willst du ja Rees loshaben? Wegen ihm hast du immer Streit mit Mom."

"Kein Problem. Dank dir."
Er nahm ihr die Tasse ab.

"Das ist gar nicht so schwer!"

Vielleicht war sie ja einkaufen?
Er runzelte die Stirn.
Irgendetwas war merkwürdig.
Er betrat leise das Haus, bewegte sich in die Richtung, aus der das Geräusch gekommen war.

Yuus Blick verdüsterte sich.
"Rede nicht so einen Mist."

"Bitte..."
Sie machte sich daran aufzuräumen.
Ein schneller Blick zu den Türen, dann zu Creon.
Abschätzen.
Vorsichtig ließ sie ein paar Schatten erscheinen, die ihr halfen alle Scherben aufzusammeln.

"Wenn man singen kann."

Im Schlafzimmer hörte man ein leises Schnarchen.
Sei war zwar verschwunden, aber in eurem Bett lag ein nur mit Jeans bekleiderter Mann, Cade.

"Er wird genauso sein wie immer. Du wirst schon sehen."

Solange sie die unter Kontrolle hatte, war doch alles gut.
Er half ihr dabei. Allerdings ohne Schatten.

"Jeder kann singen."

Oh...nett.
Fragte sich nur, wo Sei war.
Er schickte die Schatten durch das Haus.
Durchsuchen und abchecken, ob sonst niemand da war.

"Gut, wenn du nicht hören willst, wirst du eben fühlen müssen."

Gerade schon. Zur Not konnte sich Creon ja wehren.
Zudem war das Zimmer so fix aufgeräumt.
Die letzte Scherbe fiel in den Müll und die Schatten verschwanden.
"Ähm...sollen wir hoch in mein Zimmer?"

"Aber nicht jeder sonderlich gut."

Keiner sonst da. Sei war nichtmal in der nähe des Hauses.
Im Bett bewegte sich nun etwas.
Der Mann, ca mitte 30, wachte scheinbar auf.

"Ich hab dich auch lieb, Papa."
Und Kaeru hatte sich in seinem Zimmer verkrümelt.
Familienidylle!

Eben, konnte er.
"Gern."

"Ach was."

Merkwürdig...
Er trat einen Schritt zurück, holte sein Handy heraus und rief Sei an.

Total.
Yuu hatte auf einmal schlechte Laune.

Irgendwie beruhigend.
Sie ging voraus nach ob und öffnete ihm ihre Zimmertür.
"Ich komm gleich, ja?"
Sie hsuchte davon zu Cain, ihm bescheid zu sagen.

"Versuch du es doch erstmal, dann überlege ich es mir vielleicht."
Es klopfte.
"Cain? Ich bins! Darf ich rein kommen?"

Es ging keiner ran. Sei hörte es wohl nicht oder konnte nicht ran gehen.
Der Mann im Bett stand auf und kratzte sich am stoppeligen Kinn.
Noch ziemlich verschlafen streckte er sich, ehe er Richtung Bad schlappte.

Hatte er schon vorher gehabt.
Warum jetzt, Yuu? Weil sie gesagt hatte, dass du Rees loswerden wolltest?

Neo, überleg dir gut, ob du da rein willst.
Cain sah auf.
"Ja. Komm rein."

Cade zog sich zurück, knirschte leise mit den Zähnen.
Wo war sie!? Hoffentlich war ihr nichts passiert!

Ja! Warum dachte sie soetwas?! Zudem, vermutete er, dass Raiko das gleiche dachte.

Sie rutschte durch die Tür.
"Ich wollte nur bescheid sagen, dass ich Besuch habe."
Cain wurde in die Augen gesehen und Rees so gut es ging ignoriert.
Auf Erlaubnis warten.

Gerade noch rechtzeigt.
Der Kerl ging erstmal duschen und latschte dann nackt durch die Wohnung zur Küche.
Am Kühlschrank bedienen. Aus dem Milchpack trinken.

Tat sie nicht, Yuu.
Aber sie schlief gerade tief und fest. Erholen.

"In Ordnung."
Jaja...solange er nicht wusste, dass Creon da war, ne?
"Alles gut?"

Nicht gut.
Cade beobachtete das Ganze mit gemischten Gefühlen.

Yuu ging dann Mal einkaufen.
Musste auch einer machen.

"Ja...mir ist nur unten was kaputt gegangen..."
Sie schlich schon wieder zur Tür, bevor Cain genauer nachfragte.

Ein Handy das auf dem Tischchen neben Cade lag, summte.
Der Mann schaute auf, nahm die Milch mit und machte sich auf dem Weg zu seinem Handy.

Würde Rai ja machen, aber gerade war...schlecht, Yuu.
Aber sie war auf, als du zurückkamst.
Duschen...oder es versuchen.

"Als ob Dad dir deswegen den Kopf abreißen würde."

Ein Zeichen für Cade, sich irgendwo zu verkrümeln.
Aber bitte so, dass er den Mann noch sprechen hören konnte.

Yuu kochte derweilen Essen.
Musste ja nicht immer alles an Raiko hängen bleiben.

"Naja...es ist die Prorzelansammlung aus seiner alten Heimat..."

Es gab nicht viel zu hören.
"Ja?", sagte er in den Hörer.
"Nein, ich hab nicht angerufen."
Kurze stille.
"Ja ich bin mir sicher. Das Handy lag die ganze Zeit im Flur....was? Jaja...bist du schon fertig?"
Pause.
"Ah...gut...dann bis später..."
Er legte auf und ging zum Sofa. Bequem machen.
Sei würde bald kommen, Cade.

Seit wann konnte Yuu kochen?

"Wird er verkraften."

Darauf wartete er.
Und solange hielt er sich versteckt. Hoffte noch.

Hey! Ein bisschen konnte er schon immer! Er musste es ja zwei Jahre lang.
Ob es schmeckte war etwas anders.

"Wenn du meinst...naja...ich geh dann zu meinem Besuch..."
So nervös, Neo?

Fast eine Stunde später ging die Tür auf und eine große Tüte schob sich herein.
Der Mann, der sich herade eine Hose und ein Hemd angezogen hatte um die Post draußen zu holen sah auf.
"Sei?"
"Hey...ich hab Brötchen mitgebracht..."
Er nahm ihr erstmal die Tüte ab.
Dahinter kam eine ziemlich aufgelöste Sei hervor.
"Hey...", kam es sanft von dem Mann, der ihr kurz über die Wange streichelte.
"Dann kann ich mir die Frage wohl sparen, wie es aussieht", meinte er bitter.
"Na komm erstmal rein."
Er trug die Tüte in die Küche, während Sei sich die Jacke und Schuhe auszog.

Ai würde sich nicht beschweren und Kaeru würde es nicht wagen.
Der hatte für heute genug Ärger bekommen.

Nicken seitens Cain.
"Dad kommt heute später, denk ich."

Autsch...das tat weh.
Aber erstaunlicherweise blieb er, wo er war. Wartete ab.

Hatte er.
Yuu würde ihn dennoch noch um etwas bitten müssen.

"Mal wieder."
Damit verschwand sie aus dem Zimmer.
Zurück zu Creon.

Sei blieb kurz an dem Haustelefon stehen.
Hoffnungsvoll schauen, ob Cades Nummer drauf war. Leider nicht.
Also nahm sie sich nur ein Taschentuch und wischte sich die feutchen Augen, ehe es in die offene Wohnküche ging.
Der Mann richtete schon den Tisch.
"Sei, dass wird schon, glaub mir. Jetzt essen wir erstmal und dann lenken wir dich ein bisschen ab, ja?"
Mattes Lächeln.
"Tee?"
Nicken.
Er schaltete den Wasserkocher ein und stellte die Butter auf den Tisch.
Sei nahm eine Schale und füllte sie mit den Brötchen.
"Sag Mal hast du draußen auch diese aufgemotze schwarze Sportlkarre gesehen? Ich dachte ich seh nicht richtig als ich die Post geholt ha-"
Klirren.
Sei war vor Schreck die Schüssel aus der Hand gefallen.
"Sei?! Alles okay?!"

Ach tatsächlich?
Kaeru dachte eher, dass er jetzt den Ärger von vorher bekam und starrte demonstrativ auf den Boden.

Der wartete schon auf dich, Neo.
Wenigstens leistete sein Tee ihm Gesellschaft.

Und Cain wandte sich jetzt wieder Rees zu.
"Und? Was machen wir jetzt?"

Sei...das war eine teure Schüssel.
Für Cade war das ein Zeichen, dass es Zeit war zu gehen.
Natürlich so, dass sie nicht bemerkte, dass er im Haus gewesen war.
Vielleicht würde er das Auto später holen. Wenn ihm danach war.
Sobald er draußen war, rief er auf das Haustelefon an.

Yuu schöpfte ihm einfach etwas ein.
"Wo bleibt eure Mutter?"
Auch Ai bekam etwas in den Teller.

Jetzt nicht mehr nur der Tee.
Nur wusste Neo nicht was jetzt tun.
"Sollen wir jetzt dem Bericht durchsprechen?"

"Du singst!", zwang Rees ihn.

Sei hörte es im ersten Moment gar nicht.
"Sei!? Sei den Telefon! Hallo!?"
Zucken, ehe sie schnell zu Hörer rannte.
"C-Cade!?"

"Weiß ich nicht. Sie wollte duschen.", meinte Ai.
Kaeru hielt den Blick gesenkt.
"Vielleicht ist sie eingeschlafen..."

"Wenn du möchtest."
Creon ebenso wenig, mach dir nichts draus.
Aber wenigstens hattet ihr etwas, worüber ihr reden könnt.

"Ich kann auch nicht singen."

"Hey. Du bist wieder da.", wurde sie begrüßt.
"Spontaner Besuch. Ich hab geklingelt, aber du warst nicht da."

"Schaust du kurz nach ihr?"
Kaeru, es tat Papa ja leid...

Über die Arbeit in der Uni. Genau, da kamen die Gefühle so richtig in Schwung.
"Wo wohnst du eigentlich? Nicht in einem Clan, oder?", fragte sie ihn jedoch später.

"Glaub ich nicht. Versuch Mal!"

Sei armes Herz schlug ihr bis zum Hals.
Shit!
Ihr Blick huschte zu dem Mann.
Hoffentlich hatte Cade nichts bemerkt.
"O-Oh...wirklich? H-Hab ich wohl nicht gehört! B-Bist du noch da?"

Seid wann schickst du Kaeru vor, Yuu?
Aber er ging brav los und kam auch brav wieder zurück.
"Eingeschlafen. In der Dusche."

Eben!
"Ich wohne in dem Wohnheim. Ich leb allein."

Schön wär's, Sei.
Draußen startete ein Motor.
"Ja. Aber ich fahr wieder. Muss zurück."

Seit er noch mit dem Essen handtierte.
"Ich hol sie."
Raikolein wurde erstmal ins Bett gebracht und ordendlich zugedeckt.

"Ja, aber in den Semesterferien und vor der Uni. Du musst doch ein Zuhause haben!"

"W-Was? W-Wirklich?"
Man hörte sie zum Fenster rennen.

Geb ihr noch ne halbe Stunde, Yuu.
Dann musste sie so oder so noch ein Bonbon nehmen.
Kaeru wartete schweigend. Ai nicht. Die futterte schon munter.

"Nein. Ich bin immer dort."

"Lass mal. Du willst ja auch nicht."

"Ja. Guten Appetit euch."
Damit legte er auf und schmiss das Handy auf den Beifahrersitz.

Gab er ihr.
Jetzt setzte er sich aber erstmal zu.
Händefalten und schweigend beten, ehe er zu essen begann.

"Und deine Eltern erlauben dass? Vermissen die dich nicht?"

Leises seufzten.
"Na gut...dann machen wir eben was anders."

Sei blieb das Herzstecken und es dauerte einen Augenblick bevor sie losrannte.
Raus auf die Straße, Cades Auto erreichen.
Sein Handy klingelte auch sofort wieder.

Wow...betretenes Schweigen am Tisch.
Kam nicht oft vor.

"Ich kenne meine Eltern nicht."

"Und was?"
Er legte die Gitarre beiseite.

Zu spät, Sei.
Das Auto war schon weg und er ging nicht ran.

Wirkich nicht.
Zumindest kläpperte das Besteck etwas.

Blinzeln.
"Wie jetzt?"

Schnurren.
"Ich wüsste da was..."
Der arme Cain wurde an den Haaren gepackt und auf ihn gezogen.

Cade sollte das Handy ausschalten, denn es klingelte nun
pausenlos.