Heruntergekommener Bahnhof

Geb ihm höchsten zwei Wochen. Dann war er weg und Raiko allein.
Obwohl Yuu da war - und auch wieder nicht. Was es auch nicht besser machte.

Merkte Creon leider nicht.
Der war mit seinen eigenen Gedanken beschäftigt.

Yuu, der auf seinem geliebten Sofa schlief.
Yuu, der nicht mit ihr Sprach.

Wie jede Nacht.

Und es so nur noch schlimmer machte.
Sie entglitt ihm. Mehr und mehr. War immer weniger 'Zuhause'.

Nicht wie jede.
Aber wie die letzten Nächte.

Insgeheim machte Yuu sich ja Sorgen, aber er konnte es ihr nicht zeigen.
Durfte es nicht.
Es war wie ein Test. Er durfte ihn nicht manipulieren.

Und es würde sich vermutlich auch erstmal nicht bessern.
Schöne scheiße.
Irgendwann Nachts wurde er vorsichig angestupst.
"Creon?"

Er verstärkte damit ihre Ahnungen, ihre Befürchtungen.
Und aus Angst vor der -ihrer - Wahrheit, wandte sie sich immer mehr von ihm ab, zog sich vor ihm zurück und konzentrierte sie auf anderes.
Zum Beispiel damit, dem Herrn Nachbarn mit seinen Töchtern etwas zur Hand zu gehen.

Sie waren beide eben noch jung und unerfahren.
Er drehte den Kopf sofort zu ihr.
"Ja?"

Oder auch dem Herrn Nachbarn ohne seine Töchter.
Und der war nur ein Mensch. Raiko würde gut bei ihm punkten.

Mehr oder weniger...
"Darf ich ganz kurz die Wohnung verlassen?"

Nein. Bisher nur mit seinen Töchtern.
Sie musste sich irgendwie ablenken und das ging nicht, wenn sie genau das tat, was er ihr vorwarf.

"Wohin willst du?"

Er warf ihr nicht nur dass vor.
Schön wäre es...

"Nur kurz an die frische Luft."

Aber das am deutlichsten.
Wenigstens hatte sie jetzt jemanden mit dem sie darüber reden konnte.
Auch, wenn die Wahl dieser Person Yuu vermutlich nicht zusagen würde.

Er runzelte die Stirn.
"Allein?", fragte er lauernd.

Überhaupt nicht zusagen würde.
Gut, dass Yuu davon noch nichts mitbekam.

"Ja."
Sie stand auf.
"Ich pass auch auf. Jetzt schlafen alle. Nur ein paar Minuten."

Sie schlief ja nicht mit dem Kerl!
Zumindest bis jetzt noch nicht.
Obwohl es wohl auch nur noch eine Frage der Zeit war.

"Dann geh."
Sie würde nicht wiederkommen.

Und diese Zeit rannte.
Na Raiko? Wann wurdest du schwach? Wann wurde der Hunger zu groß?

Natürlich würde sie. Nur eben nicht wie geplant in ein paar Minuten.
Eher nach zwei Stunden.
Keuchend, zitternd, blutverschmiert und verwirrt.
"C-Creon. C-C-Creon!", kam es von der Tür aus.
Die Schenkel die unter Creons Pulli, den sie sich angezogen hatten zu sehen waren, waren blutverschmiert. Irgendetwas hin sogar noch dazwischen.
"Ich...es hört nicht auf...es hört nicht auf! Ich dachte es hört auf!"

Erst, wenn sie kurz davor stand zu verhungern.
Vorher würde sie gegen ihre eigenen Instinkte ankämpfen - aber genauso, wie Yuu ihr immer vorwarf zu vergessen, was er war, vergaß er, was sie war.

Jag ihm den Schreck seines Lebens ein, Neo...
Der Mann fuhr hoch, hastete auf sie zu.
"Was ist passiert!?"

Und das wurde ihm nun eben zum Verhängnis.
Mal sehen wie es war, wenn Raiko Blut leckte.

Vollkommen verwirrt sah sie ihn an, während sie unter Schmerzen immer wieder zusammen zuckte.
"D-Das B-Baby ist da...aber...aber es hört nicht auf, Creon. Es hört nicht auf! Es tut so weh!"
Die verschmierten Hände krallten sich in seine Brust.

Und auch noch einen Mann hatte, der ihren Bedürfnissen nachging.

"Was!?", kam es irritiert, bevor er sie erst einmal festhielt.
"Äh..."
Was jetzt?!

Und nett zu ihr war. Ihr zuhörte...
Jemand bei dem sie schlucken durfte...
Da konnte Yuu nicht mithalten.

Er würde sie gut festhalten müssen, denn Frau ging in die Knie.
Wimmern.
Creon, die Schmerzen konntest du dir nicht vorstellen.

Aber sie liebte diesen Mann nicht.
Yuu schon.
Das war ein Problem.
Aber Yuu ignorierte ihre Existenz ja so oder so.
Ablenkung war besser, als grübeln!

Er setzte sie auf dem Boden ab, dachte nach.
"Ich...ich hab irgendwo mal gehört, dass da noch irgendwas nachkommen soll. Vielleicht ist es das ja?"

Ach zum ficken war er trotzdem gut.
Solange Yuu nichts merkte.
Und was nicht war, konnte ja noch werden.

"Ich will dass es aufhört! Ich...ich bekomm keine Luft!"
Sie packte sich an den Hals.

Sie zogen beide irgendwo einen Vorteil draus...von daher.
Yuu interessierte sich so oder so nicht für das, was sie tat.
Wenigstens ging es ihr nun körperlich besser, als vorher.

Toll, Neo...panik!
Wie gut, dass du einen Freund hattest, der zufälligerweise mit der Luft ganz dicke war!

Und das war es, was Yuu bemerkte.
Immer wenn sie nun heim kam, wurde sie genau gemustert.

Lass ihre Lungen nicht platzen.
Luft da, Kraft weg.
Neo schüttelte den Kopf und zog an der Kette um ihren Hals.
Sie brauchte ihre Schatten, ohne sie war Neo einfach zu schwach. Selbst für soetwas.

Und von ihr genauso ignoriert, wie er sie ignorierte.

Dann sollte sie die Kette abziehen.
Er würde sie nicht daran hindern.

Yuu bekam so langsam ein ungutes Gefühl.
Ein sehr Ungutes. Da war etwas im Busch.
Sich in der Gemeinde umhören...

Würde sie auch sofort, wenn sie durfte.
Einen Moment lang zuckte es schwarz durch ihre Adern, ehe die Schatten ihre Arbeit begannen.
Fremdkörper aus dem Körper schaffen, ehe man sich anderen Dingen widmete.
Und in diesem Fall war der Fremdkörper ein Köpfchen, dass sich nun langsam nach draußen schob.

Vielleicht hatte ja jemand was gesehen, ne?
Aber daran war er selbst Schuld.

Na sowas!
Creon war schockiert.
"Ich dachte, das Baby wäre schon da?!"

Ja, dass Raiko erstaunlich oft bei dem neuen nachbarn ein und aus ging.
Böse...nun wurden ihre Sachen durchwühlt.

"Ist es!", wurde es zwischen zwei Wehen hervorgepresst.

Würde er nichts finden.
So dumm war sie jetzt auch nicht.

Blinzeln.
"Und wo ist es dann?!"

Aber er würde Abends auf sie warten.
"Wo warst du?"

"Ich...ich weiß nicht...draußen..."
Creon, dein Testobjekt war vollkommen verwirrt. Wunder dich nicht. Such lieber schnell.

"Weg.", bekam er knapp zu hören.

Na toll...
Creon seufzte.
"Du bleibst hier. Ich geh suchen."
Sie konnte so oder so nicht weg.

"Wo?"

Nein, sie musste gerade ihr zweites Kind zur Welt bringen.
Das andere Baby lag in einer Abstellkammer, nicht weit vom Eingang,
Schrie jämmerlich in einer Schicht aus Staub um sich herum.

"Mal hier, mal da."

Also einfach dem Geschrei nach!
Papa war schon unterwegs!
Baby einsammeln - wenn es sich denn einsammeln ließ.

"Letzte Chance: Wo. Warst. Du?!"

Ließ es sich, er musste nur etwas den Staub abklopfen.
Ein sehr kräftiges kleines Mädchen, Creon.
Schrie nun auch verklebt wie es war aus Leibeskräften.
Bis du wieder bei Neo warst, würde auch schon ein Söhnchen auf dem Fußboden liegen.
Viel kleiner und zierlicher geraten, als das Mädchen.