Kleiner Hafen

"Vergessen? Nein, nie. Nur das eine Mal, als ich ihn darum bat mir meine Erinnerungen zu nehmen. Cade...eigentlich tut er mir ja leid..."
Sie drehte sich nun ganz um.
"Willst du mir jetzt meinen Hass vorwerfen? Du hast mich belogen, benutzt und verkauft...Ist er denn dadurch nicht gerechtfertigt? Ist das so falsch?"
Raiko sah ihn fragend und gleichzeitig auf traurig an.
"Ist es das?"

"Ich war das, was ich war. Ich war das, wozu man mich gemacht hat, aber ich bin nicht mehr das, was ich bin. Den das ist eine neue Dimension. Denkst du nicht, ich hätte mir die Macht schon geholt, wenn ich sie gewollt hätte? Nur weil ich für dich Macht geschaffen wurde, heißt das nicht, dass ich damit umgehen konnte. Schau Luu zu, er wird sich zerstören, genau so wie ich und wenn es zuspät ist, erkennt er es auch. Ich wollte wohl die ganze Zeit nur dich, aber brachte es mit dem falschen in Verbindung. Vielleicht wolltest du keine Macht...keinen Besitz...vielleicht hast du darunter gelitten...hat es dich umgebracht. Ich kann es heute nicht mehr beurteilen."

"Du weißt gar nicht, wie gerne ich dir glauben würde", flüsterte sie und schloss die Augen.
"Auch wenn ich es jetzt bereue...Danke. Danke, dass du mir gezeigt hast, was es heißt. Egal ob es nur gespielt war....Danke dafür"

"Es war nicht gespielt...sonst würde ich jetzt nicht darunter leiden. Vielleicht wollte ich dich ja von Anfang an verarschen, aber da bin ich wohl in mein eigenes Loch gefallen. Ich hab es dir gezeigt, aber ich konnte es durch dich auch nur finden."

Sie lachte leise.
"War es nicht immer nur dein Herz, dass du wolltest? Ich kann ja Cade fragen, ob er es irgendwie am Leben erhalten kann."

Traurig lächelnd stand er auf und ging zu ihr. Sanft tippte er auf ihre Narbe.
"Du darfst es behalten, denn es gehört dir schon. Ohne das Lied ist die Bedeutung kaum noch wichtig."

Sie lächelte, stellte sich auf die Zehenspitzen und küsste ihn leicht auf die Wange.
"Soll es dir ein Abschiedslied spielen?"

"Würde zu einer sterbenden Hülle passen", murmelte er nur etwas verdutzt und rieb sich die Wange.

Sie zuckte mit den Schultern.
"Dann nicht. War ja nur ein Angebot"

"Ich hab nicht gesagt, dass ich es nicht hören will...", wendete er ein.
"Bekom ich noch einen?"

Sie sah ihn verdutzt an.
"Einen was?"

"Einen Kuss", kam es knapp zurück.

Sie schien kurz nachzudenken.
"Du wolltest es hören", murmelte sie noch, bevor sie ihn küsste.
Im selben Moment verbannte sie alles, was war aus ihren Gedanken, damit das Lied wieder spielen konnte...vielleicht das Letzte mal, vielleicht auch nicht.

Kurz huschten blau, rot und weiß durch seine goldenen Augen, als das Lied ihn erreichte, ehe sie sich in Beige aufhellten und er sie schloss.
Wie sehr hatte er es vermisst...
Langsam zog er sie eng an sich.
"Du weißt nicht wie sehr ich dich liebe."

Sie sagte nichts. Was auch?
Langsam entspannte sie sich und schloss die Augen.
Nur ganz kurz...

"Danke", hauchte er ihr ins Ohr und legte seine Wange an ihre Schläfe.
Sie würde ihn für immer hassen, aber dieser Schmerz war gerecht, oder?

Ein leichtes Nicken war seine Antwort, bevor sie sich gegen ihn lehnte und leise seufzte.
Zack, weg war sie.

Er hielt sie fest, bevor sie zusammensacken konnte und hob sie hoch.
"Du kleiner müder Engel...", lächelte er und setzte sich mit ihr auf die Bank, darauf achtend, dass sie bequem lag.
Sie musste wohl doch sehr erschöpft gewesen sein.
Lächelnd strich er ihr die Strähnen aus dem Gesicht.
"Schlaf gut, kleiner Engel."

Leise vor sich hinmurmelnd drückte sie sich an ihn und schlief ruhig weiter.
"So gemein...so..gemei-"

"I'm sorry, Raiko", antwortete er nur, während er ihr über die Wange strich.
"Wirklich."

Es dauerte nichtmal zwei Stunden bis sie wieder wach wurde.
Leicht hob sie den Kopf.
"Lila Kühe? Wo sind Lila Kühe?"

Yuu lachte leise in sich hinein.
"Hier sind jedenfalls keine."

"Keine lila Kühe? Gut...die sind kannibalischen...die fressen Vögelchen", meinte sie müde und rieb sich mit der Hand über die Augen.

"Dann währen sie aber keine Kanibalen, Raiko", lachte er und stupste ihr gegen die Nase.

"Oh....", machte sie nur und versuchte, wieder klar zu werden.
"Ups....sorry", murmelte sie dann.

"Kein Problem", winkte er ab und knuffte sie in die Seite.
"Gut geschlafen?"

"Wären da nicht die Lila Kühe und ein Lambada tanzender Cade...schon..."
Ihr fiel auf, dass das Lied immer noch spielte.
Wie nervig...
Sie wollte es wieder ausschalten...Keine Stille.
Hö?

"Nein, nicht wirklich, du hast geträumt."
Besorgt sah er sie an.
"Ist was?"

"Nein", kam es promt.
Das gefiel ihr nicht...ganz und gar nicht.
AUS!

Verwirrt sah er sie an und lies sie los.
"Was aus?"