Heruntergekommener Bahnhof [1]

Am Montag packte Yuu seine Sachen in eine Umhängtasche und machte sich auf dem Weg zur Schule.
Dort lies er sich auf seinen Platz fallen. Hoffendlich entfiehl heute der Nachmittagsunterricht.

Nach und nach strömte ein Student nach dem anderen in den Saal, unter ihnen auch Raiko, die den Blick konzentriert auf den Boden geheftet hatte und mal wieder auf ihrem Stift herumkaute.
Ein Wunder, dass man sie überhaupt wieder aus dem Haus gelassen hatte.

Yuu, der gerade auf seinem Notizbuch herumgekritzelt hatte, hob bei diesem anBlick den Kopf.
Seine Augenbrauen flutschten fast bis in seinen Haaransatz, als er sie anstarrt.
"Was machst du den hier?!"

Ihr Gesicht verzog sich minimal, als sie ihn ansah und ihr stand förmlich auf der Stirn geschrieben, wie sehr sie diese ... 'Bekanntschaft' dich gerne vergessen würde.
Gelobt sei der Alkohol...
Kurz blieb sie vor ihm stehen und schrieb ihm ein Lernen?! in sein Notizbuch, bevor sie einen Textmarker zückte und noch ein:
Idiot, darunter setzte.

"Aber noch nicht hier! Deine eingeschweißte Fotze überlebt hier keine 2 Stunden, Püppchen. Verpiss dich besser, bevor man dir den Arsch wörtlich aufreißt."

Sie zog die Augenbrauen kurz nach oben, lächelte ihn dann aber liebenswürdig an und sah aus wie eine der Ärzte, die einfach nicken und es bestätigen, wenn du denen erzählst, dass du NICHT abhängig bist.
Was fürn Spinner...
Damit ging sie an ihm vorbei und setzte sich....weeeit entfernt!... und krizelte wie immer auf ihrem Block herum.

Er konnte darüber einfach nur den Kopf schütteln und beschäftigte sich dann wieder mit seinem Block.
Der Unterricht würde kotz-langweilig werden.

Für ihn vielleicht, Raiko machte hingegen einen auf Schwamm.
Trotzdem war auch das Mädchen froh, als die Lesung endlich vorbei und entließ ein tonloses Seufzen, während sie sich erhob und schnurstracks an ihm vorbeiging.
Aber wahrscheinlich hatte Yuu recht mit seiner weniger nett formulierten Aussage.

Hatte er, denn kaum war er auch hinter ihr im Gang um den Klassenraum zu wechseln wurde sie schon von ein paar rammelwütigen Jungen gepackt.
Amüsiert sah er dabei zu, wie sie ihr die Hose herunter zogen und die arme recht blank im Gang stand.
Er hattes es doch gesagt.

Der, der ihr am nächsten war bekam einfach einen Stift ins Auge gerammt, damit man sie losließ.
Ein genervter Ausdruck lag auf ihrem Gesicht, bevor die ganze Gruppe einen förmlich verträumten, sabbernden Gesichtsausdruck bekam - alle, bis auf den getroffenen - und sie selbst sich schön fein daraus schlängelte.
Was für Idioten...

Yuu grinste sie breit an.
"Du solltest deine Hose hochziehn, Nacktarsch. Nur so als Tipp", meinte er und hob seine Jacke wie einen Blickschutz vor sie.
"Kommt nicht so gut am ersten Schultag, wenn du hier halbnackt rumrennst."

Tat sie auch schon, Yuu...
Dann klappte sie wieder auf ihren Block.
Du glaubst gar nicht, wie egal mit das ist. Und übrigens: Spar dir die Mühe.
Weiteres schreiben.
Mit den paar Idioten werd ich auch selbst fertig.

"Sieht man", amüsierte er sich und zog die Jacke wieder an.
"Na dann, ich hab jetzt Unterricht. Behalt deine Sachen an, Nackfrosch."

Ihm wurde wieder die Zunge rausgestreckt.
Was fürn Idiot...
Er hatte sie zwar abgefüllt, aber ihr anscheinend nichts getan...obwohl niemand ihr irgendwas gesagt hatte und sie sich selbst ab der Cola nicht mehr erinnerte.
Das lustige daran war: Raiko hatte sich geschworen, nie wieder Cola zu trinken. Anscheinend hatte das Zeug irgendwas drin, was sie nicht vertragen hatte...sie kam nicht eine Sekunde lang auf den Gedanken, dass Yuu ihr was reingemischt haben könnte.
Ich hab auch einen Namen! Nenn mich nicht so!

"Hm, ja ja", damit drehte er sich um und verschwand Richtung Klassenräume.
Nackfrosch passte doch perfekt, was hatte sie?

Er bekam einen Stift an den Kopf, als er sich umdrehte.
Den konnte man entbehren...
Während sie ebenfalls zu ihrem nächsten Raum ging, nahm sie sich vor, diesen Blödmann einfach wie Luft zu behandeln.

Störte Yuu nicht, der ging nach dem Unterricht nämlich sowieso gleich zu seiner Freundin.
Ne kleine Leckerrei vor dem Essen, nannte man das.

Sollte er mal machen.
Raiko verzog sich in der Mittagspausen an irgendeinen ruhigen Ort, an dem sie ein bisschen die Luft totstarren konnte.
Wie immer, eben.

Wo sie auch Yuu fand, der gerade aus einem Abstellraum kam, das Hemd noch halb aufgeknöpft und leicht verschwitzt, während das Mädchen zwei Minuten später den Raum verlies und sich den Rock zurecht rückte.
Er lies sich neben sie fallen und knöpfte seither sein Hemd zu.
"Na, noch eingeschweißt?"

Er wurde geflissentlich ignoriert, während ihre Augen kurz an dem Mädchen hingen.
Netter Hintern...musste sie schon sagen.
Noch einmal ein kurzes mustern, dann wurde der Kopf wieder zu der leeren Seite auf ihrem Schoß gedreht.

"Kommt jetzt die Ich-Ignorier-Dich-Phase?", lachte er und biss sie in die Schulter, ehe er wieder aufstand.
"Na schön, ich geh jetzt heim. Sag Tantchen einen schönen Gruß und den Bullen auch."

"Au!"
Empört warf sie ihm ihren Block entgegen.
Biss der sie so einfach!

Breit grinsend drehte er sich zu ihr um.
"Du hast ja doch eine Stimme, Vögelchen, und eine schöne noch dazu."
Ohne ein weiteres Wort schulterte er seine Tasche und ging heim.

Mit finsterer Miene sah sie ihm nach.
Hatte sie jemals behauptet, sie hätte keine?!
Bis zum Einbruch der Dämmerung blieb sie noch, wo sie war, bevor sie aufstand und ein wenig durch die Stadt streifte.
Es konnte zwar nur noch eine Sache von einer Stunde sein, bis man sie wieder gefunden hatte, aber irgendwie musste man seine Zeit ja nutzen.
Und 'nach Hause' wollte sie jetzt nicht.

Yuu saß seither schon mit einem Bier an den Hausaufgaben.
Nackt.
Männer waren halt so.

Oh ja...
Nach 40 Minuten war Raiko auch wieder eingefangen und bekam mal wieder eine Predigt.
Ihr Vater bestand ja darauf, dass sie einen seiner Männer in Schwarz mitnehmen sollte (damit sie nicht mehr weglief natürlich), aber sie weigerte sich strickt, etwas großes, schwarzes neben sich herlaufen zu haben.
Das erregte zuviel Aufmerksamkeit.

Yuu war schon zu den Pornos über gegangen.
Feierabend eben.
Und was gab es da besseres als Lespen beim ficken zuzusehen und zu saufen?

Da sah man mal, wie verschieden die 'Schichten' waren.
Und man sah auch, wie eine einzelne Nachricht alles zerstören konnte.
Schicksal.
Eine Hure wurde mit ihren Balg vor die Tür gesetzt.

Na so konnte es gehen.
Yuu kannte das, aber es war vergangene Zeit.
Er lebte nun allein.

Letzteres wusste Raiko...
Am nächsten Tag war das schwarzhaarige Mädchen allerdings einer der Ersten, die in den Saal eintrudelten, kaute wie immer auf ihrem momentanen Lieblingsstift und starrte nachdenklich aus dem Fenster.