Heruntergekommener Bahnhof

Ihr Blick rutschte zu Cain.
"Was denn, es stimmt doch..."
Sie klatschte einmal in die Hände und das Bündel vor den Gittern stöhnte auf.
Rees, Cain, hatten sie mit Elion mitgenommen und dort liegen lassen.
Zucken ging durch die Glieder.

Sofort wurden seine Augen groß und dann hing er schon an dem Gitter.
Starrte das Bündel mit angehaltenem Atem an.

Ein bösartiges Grinsen legte sich einen Augenaufschlag auf Neos Züge.
Schon erschlaffte der Körper wieder.
"Ich lüge nicht."

Sofort verdüsterte sich sein Ausdruck.
"Hör auf mit den Spielchen, Neo. Ich bin fertig mit dir. Genauso, wie der Rest auch. Ich hoffe du bist stolz auf dich."

Sie lächelte bitter und ließ sich dann auf den Rücken sinken.
Starrte an die Decke der Zelle.
"Schon klar."

Knurren rollte zu ihr herüber.
"Verräter."

"Eben so."

Weiteres Knurren.
"Man kann Verräter nicht verraten."

Sie schloss die Augen.
"Wie du meinst."

Cain verstummte wieder, bewachte lieber seinen Rees.

"Warum liebst du ihn?", fragte sie schließlich.

Die Frage schien ihn zu verwirren, aber er zuckte mit den Schultern.
"Keine Ahnung."

"Wenn du es nicht weißt, dann ist es dir auch nicht so wichtig."
Sie atmete einmal tief ein und aus.
"Dann hast du ihm gar nicht diese Blicke zuzuwerfen."

Er zog die Augenbrauen zusammen.
"Man muss Liebe nicht mit Aufsätzen rechtfertigen."

"Aber man muss Liebe als Liebe sehen."

"Ich liebe ihn für die Person, die er ist - was ist daran falsch?", zischte er.
"Dann geb mir mal einen Grund dafür, dass du dein Herzchen so an den Albino gehängt hast."

Sie öffnete die Augen wieder.
"Weil....weil ich ihn nicht zerbrechen kann..."
In ihren Augen flackerte es.
"Er kann kostbar sein und dennoch muss an keine Angst haben ihn zu verlieren. Nicht auf diese Art...es war okay für ihn...und ich war ganz...aber ich verstehe, warum er lieber den leichten Weg voller Licht wählt. Ich würde es auch tun, wenn ich nicht der Rabe wäre."

"Das ist keine Liebe, Neo. Das ist eine Fixierung, weil er deine einzige Option ist.", schoss er zurück.

"Hm...vielleicht...aber das macht es nicht weniger schmerzlos...Zumal ich ihn schon mochte, bevor ich es wusste, wie du dich sicher erinnerst."

"Da bist du selbst Schuld dran."

"Vielleicht hätte ich es anders gemacht, wenn ich es gewusst hätte...dass kann man hinterher nie wissen. Ich war mir sicher, dass es der richtige Weg ist."

"Seine Familie zu verraten ist nie der richtige Weg."

"Überlege wer zuerst verraten wurde, Cain. Du bist so selbstgerecht. Blind in deiner Wut. Du und Dad habt mir den Rücken gekehrt. Lange bevor ich in eure Ungnade gefallen bin!"

Knurren.
"Das ist nicht wahr und das weißt du auch. Mein Gott, ist es denn so schwer mit mir zu reden, wenn du etwas brauchst!? Warum musst du stattdessen Rees töten!? Denkst du, dass ich dir dann eher helfe!?"

"Ich habe dich dunzende Male angerufen, Cain. Ich habe dich gebraucht, aber du hast es nicht ernst genommen. Hast dich abgewand obwohl du mein Bruder warst! Ich dachte wenn du nicht von selbst kommen willst, vielleicht kann ich dcih dann dazu zwingen."
Sie setzte sich auf.
"Ich habe Rees nicht umgebracht!"

"Weil es dir das Leben hätte kosten können, du dummes Kind!", brüllte er sie fast schon an.
"Und wie du das hast! So, wie all die anderen auch!"
Elion blinzelte.
"Sie haben auf uns geschossen. Mich hat's glaub ich zuerst erwischt. Die Anderen vermutlich auch. Habe ich nicht mehr mitbekommen."

"Du hast mir fast das Leben gekostet!", fauchte sie zurück.
"Du wolltest mich umbringen! DU mein Bruder! Ich hatte ihn wieder repaiert, klar!? Ich hab ihr gesagt, sie soll leise sein! Die hat die Fresse nicht zubekommen udn wegen dir habe ich das Halsband bekommen! ICH habe ihn nicht umgebracht! IHR habt es dazu kommen lassen!"
Ihr Blick wurde wieder etwas wirr, aber sie fand schnell Elions graue Augen.
Wurde wieder etwas ruhiger.
Sie waren also alle hier.
"Ich hätte ihn dir wiedergegeben, wenn du zur Vernunft gekommen wärst....wenn du wieder mein Bruder gewesen wärst...", kam es leise hinterher und ihre Finger krallten sich in ihre blutigen Haare.

"MAN KANN LEBEWESEN NICHT EINFACH WIEDER REPARIEREN!", brüllte er sie jetzt an.
"Sie sind keine Gegenstände! Und du hast nicht nur ihn, Yuu und all die unschuldigen Wesen umgebracht, du wirst auch genauso unser aller Leben auf dem Gewissen haben! Du hast dafür gesorgt, dass er sterben wird! Drohungen sichern keine Loyalität!"

Das hatte Neo damals noch nicht gelernt gehabt, vielleicht noch nichtmal heute.
Neo stand auf.
"Ihr schickt mich in diesen Krieg. Ihr habt entschieden, welche Gegner ihr bekommt. Beschwert euch nicht über eure eigene Planung. Ihr wolltet sterben und ihr werdet es."

"Niemand hat dich hier her geschickt! Das war deine eigene Entscheidung, Neo! Und DU tötest sie alle! Allein du!"