Heruntergekommener Bahnhof

"Dann tu das doch. Schließlich heiratet man nur einmal."

Nicht alle, Yuu.
"Mal schauen..."
Aber sie würde.

Feines Mädchen.
Yuu sah aber nun von den Einladungen auf und legte seine Lesebrill beiseite.
"Sag Mal Raiko...denkst du ich sollte meine Tochter einladen?"
Ja, er hatte es ihr vor ungefähr einem Jahr gestanden.

Und sie hatte kein Aufheben darum gemacht.
Natürlich war der Gedanke befremdlich - vorallem da er sie so selten anfasste - aber...es war eben so.
"Ich weiß nicht...es wäre für sie bestimmt komisch, oder? So oft sieht sie dich immerhin nicht."

"Einmal im Jahr wenn es hochkommt...", stimme auch er zu.
"Ich weiß nur nicht...naja, ob es sich gehört."

"Frag sie doch ganz einfach, ob sie kommen möchte."
Sie kam zu ihm herüber, lehnte sich leicht gegen den Tisch.
"Mehr als nein sagen kann sie nicht."

"Ich weißt nicht ob das eine komische Stimmung macht...es ist immerhin UNSER Tag..."
Er ließ den Stift sinken und streckte sich.
"Nunja...ich denk drüber nach. Hast du dein Kleid schon?"

"Ich hab nichts dagegen."
Seine Frage ließ sie Grinsen.
"Sag ich dir nicht."

"Wie gemein von dir."
Sie bekam einen Kuss.
"Naja, ich muss noch einige erledigen. Wir sehen uns heute Abend."
Zumindest durfte Raiko seit ihrer Verlobung bei Yuu im Bett schlafen. Immerhin!

So einen richtig echten?
"In Ordnung. Bis nachher."
Wenigstens das...er wurde auch immer voll beschlagnahmt.
Fluchtmöglichkeiten gab es erst, wenn sie schlief.

Durfte sie ja, solange sich sich im Zaum hielt.
Und naja...zumindest gab es eine Matraze...
"Bis später."
Er machte sich auf.

Sie war immer brav.
Der Tempel hatte immerhin auch seine Regeln!
Und sie wusste, dass Yuu sich so oder so nicht darauf einlassen würde - also warum sich unbedingt blamieren wollen?
Sie sah ihm noch kurz nach, entschloss sich dann aber noch einen Spaziergang an den Strand anzutreten.

Yuu erledigte dabei den Rest für die Hochzeit.
War ja nur noch eine Woche hin.
Und die verging wie im Flug.
Kaum sahen sie sich um, war auch schon der Tag und die ersten Gäste kamen.

Er sollte nicht vergessen Raiko etwas Baldrian zu besorgen.
Den hatte sie nämlich bitter nötig...
Hektische, rote Flecken zierten ihre Wangen und sie wirkte etwas...aufgescheucht.
Es hatte heute so viel vorzubereiten gegeben und sie musste immerhin auch pünktlich fertig sein, alles musste sitzen und...und...und!

Ein paar Nonnen standen ihr beiseite. Richteten ihr Haar und ihr Kleid.
Selbst für Yuu war ein besonderer Gast gekommen.
Seine Halbschwester war vor zwei Tagen angereist. Raina saß nun auch bei Raiko und tätschelte ihr die Hand.
"Wird schon alles."

Raiko zweifelte gerade eher daran.
Sie konzentrierte sich eher darauf ruhig zu atmen, als auf die Frau neben sich.
"Hmhm..."

"Wir dein Onkel dich zum Altar führen oder denkst du dein Vater kommt?"

"Cade. Meine Eltern starben bei einem Unfall."
Und sie erinnerte sich auch nicht mehr an sie.
Cade war der Einzige, an den sie sich erinnerte, der ihr sowohl Vater, als auch Bruder gewesen war.
Wenn er nicht gekommen wäre...

"Ach ich dachte dein Vater lebt noch...nunja. Es wird Zeit..."
Sie stand auf.

"Meines Wissens nach nicht..."
Wenn Cade ihr die Wahrheit gesagt hatte.
Sie erhob sich ebenfalls. Cade wartete immerhin auch schon.

Yuu, der gerade zusah wie die letzten Gäste Platz nahmen, wirkte auch nicht gerade gelassen.
Seine Hochzeit...mit Raiko...oh Himmel!
Sein Herz schlug ihm bis zum Hals. Dennoch war sein Blick nun fest auf die Tür gerichtet.
Darauf wartend, dass sie sich öffnete und er seine Braut zum ersten Mal in ihrem Kleid sehen konnte.

Und dabei war Raiko der Meinung gewesen, dass er der ruhiger von ihnen Beiden sein würde.
Cade nahm sie vor der Tür in empfang, führte sie vor die großen Flügeltüren.
"Aufgeregt?", schmunzelte der Dämon, während er sie musterte.
"Kein bisschen...", log die Jüngere schnell, krallte sich aber auffällig fest in seinen Ärmel.
"Beruhig dich, Rai. Es ist nur eine Zeremonie. Und du siehst umwerfend aus, also kann dir auch keiner die Show stehlen.", schmunzelte er.
"Das ist jetzt keine Zeit für Witze!", fauchte die Schwarzhaarige zurück.
Cade grinste.
"Jaja..."
Und damit öffneten sich auch endlich die Türen.

Und dem armen Yuu blieb fast das Herz stehen.
Cade hatte nicht gelogen, sie sah wundervoll aus.
Sie gut das ihn solchen Momenten alle Augen auf die Braut gerichtet waren und so Yuus Blick nur Raiko gehörte.
Mehr Liebe hätte nämlich nicht darin sein können.

Sobald die Türen offen waren und sie Yuu entdeckt hatte, lockerte sich der Griff um Cades Arm.
All die Aufregung war mit einem Mal verschwunden, hinterließ nur flattrige Schmetterlinge.
Ein Lächeln legte sich auf ihre Lippen, bevor Cade sich in Bewegung setzte.

Es war gar ein entloser Moment bis Raiko endlich bei ihm war.
Doch Yuu wartete gedulig und streckte Raiko die Hand hin, als sie bei ihm war. Erst dann löste er seinen Blick von ihr und sah seinem ehemals besten Freund in die Augen.
Wartet, dass er ihre Hand in seine legen würde. Sie ihm übergeben.

Er wusste ja, dass Cade sie ihm ungern übergab...
Eigentlich war es auch eine gefährliche Situation.
Der Dämon könnte sich weigern seinen Segen dazu zu geben und sich nun einfach umdrehen und gehen.
Aber er tat es nicht.
Er grinste Yuu nur schief an, löste seine Nichte von sich und vertraute sie Yuu an.

Manchmal musste man seinen Freunden eben vertrauen, nicht?
Und Cade konnte sich sicher sein, dass im Moment kein Wesen auf der Welt glücklicher war als Yuu.
Die Dankbarkeit in seinem Blick war echt und gemeinsam mit Raiko drehte er sich schließlich nach vorn in Richtung Bischof.
Es konnte losgehen.

Er tat es, weil er dich mochte und weil er dich kannte.
Wenn er ganz ehrlich war, dann war Yuu ihm tausendmal lieber, als das was der Clan mit ihr vorhatte.
Hier war sie besser aufgehoben.
Er trat zur Seite, ließ den Geistlichen seine Arbeit verrichten.
Allerdings konnte er sich ein weiteres Grinsen nicht verkneifen, da er wusste, dass Rai das Gerede nicht leiden konnte.

Ach, heute würde sie es sich sicher gern anhören, nicht?
Es dauerte auch nicht all zu lang.
1-2 Stunden bis Yuu seine Braut auch endlich zum ersten Mal richtig küssen konnte.
Und der Kuss fiel nicht gerade kurz aus. Yuu hatte sich immerhin Jahrelang darauf gefreut.
Noch glücklicher machte es ihn aber, als er Raiko seinen Ring angstecken durfte.

Und er hatte dabei Cades stechenden Blick im Rücken.
Fehlte nur noch, dass er aufknurrte.
Aber Raiko strahlte so, dass er sich lieber beherrschte. Ihr zuliebe.