Heruntergekommener Bahnhof

Zitternd drückte er sich auf den Boden auf fiepte erneut auf.
Aua! Aua!

Sofort verwandelte sich Rees zurück.
"Was hast du dir nur dabei gedacht! Los, sag es mir!"

Cain versuchte es auch - schaffte es aber nicht auf Anhieb.
Der Hunger war so böse! Und sie haben wieder böse Sachen gesagt!

"Trotzdem! Sowas darfst su nicht machen, Cain! Egal was sie machen! Niemals! Du musst dich im Griff haben!"

Er jaulte leise auf und kroch näher zu Rees.
Das Blut stank.
Aber ich hab solchen Hunger!
Hatte er...er versuchte auch gerade Rees Fuß anzukauen.

Rees stieß seinen Kopf jedoch weg.
"Dann musst du eben lernen wie man sich Beute jagt. Und zwar Beute die keine Menschen darstellen."
Rees verwandelte sich wieder.
Komm mit.

Er beeilte sich zu Rees Fuß zu kommen und stolperte hastig neben ihm her.
Der Arme hatte doch noch gar nicht so lange Beine.
Aber Hase ist bäh.

Du bekommst einen Hrisch. Versprochen. Aver jetzt sei leise.
Schnell kam das Tier auch in Sicht.
Los, pack es!

Aber das ist so groooß!
War ja klar gewesen...

Aber der ist doch viel viel größer als ich!, empörte er sich.
Wollte er nicht.

Du hast ja auch einen Bärenhunger!
Stürtze sie sich eben auf das Tier. Der Todeskampf dauerte nicht sonderlich lange.
Komm und friss.

Es war doch viel schöner, wenn Papa für ihn jagte!
Erfreut tapste er auf den erlegten Hirsch los und knabberte etwas an ihm herum.
Der Bärenhunger umfasste allerdings nur einen Schenkel.

Machte nichts. Rees fraß den Rest.
Heute Abend such ich uns noch irgendjemand zum essen. Dann musst du aber wieder in deinem Zimmer warten, ja?

Okay...
Er krabbelte auf Rees' Fuß und rollte sich da zusammen.
Ich will nach Hause.

Und auch Raiko hatte sich heute mal zusammengenommen und war wieder zur Arbeit erschienen, während Yuu selbst weg war.
Immerhin wurde das Geld langsam knapp und da Rees sich ja auch von ihrem Geld etwas nahm und sie nicht wollte, dass Yuu alles machen musste, musste man sich eben mal zusammenreißen.
Mit mittelmäßigem Erfolg.

Sie packte den Kleinen vorsichtig und warf in sich auf den Rücken.
Dann lass uns heim gehen.
Später würde er mit Raiko reden müssen.
Und auch Yuu war stolz auf sie. Er war der festen überzeugung sie würde es zrück in ihr altes Leben schaffen.
Abends kam auch Rees zu ihr ins Zimmer, als Yuu gerade duschen war.
"Raiko?"

Cain kuschelte sich auch brav noch einmal an sie und ließ sich nach Hause bringen.
Jetzt war er immerhin satt und müde. Da klappte das auch mit der Rückwandlung besser.

Warst du das, Yuu...schön, dass sie dir den unschönen Teil verschwiegen hatte.
Aber immerhin gabs da eine gute Sache dran: Der Fotografer stand auf sowas und störte sich nicht dran.
Jetzt jedoch schreckte sie leicht hoch und betrachtete Rees schon etwas...verstört. Vielleicht auch etwas ängstlich.
"Was ist?"

Rees ließ sich neben sie auf das Bett sinken.
"Cain hat sich heute verwandelt und einige Kinder angegriffen. Es sagt, weil er sauer war und hungrig."
Er legte den Kopf auf seine Knie, die er nun angezogen hatte.
"Sie hätten in erwischen können und ich muss mir echt etwas überlegen, ihn aus der Situation wieder frei zu bekommen. Was wenn er das nächste mal hungrig ist? Ich weiß nicht mal, wann er anfängt selbst zu essen. Ich mein er kann dass ja dann nicht auf einmal einfach. Wie zum Teufel bring ich ihm sowas bei?! Ich kann ja schlecht daneben stehen und....arg...ich..."

Sie zuckte etwas, als er sich neben sie setzte und zog die Schultern etwas nach oben.
"Oh...", machte sie dann, bevor sie seinen weiteren Worten lauschte und nachdenklich auf die Bettdecke starrte.
"Erklär ihm doch wenn er alt genug ist einfach, was er ist. Den Rest wird er in der Schule lernen und Cain verfügt garantiert über Instinkte...hat er ja bei den Kindern wunderbar demonstriert.", schlug sie dann leise vor.
"Egal, was du tust und egal, wie schwer es dir fällt, du darfst dir nichts anmerken lassen. Er kennt dich nicht mehr so, wie du ihn kennst. Versag da nicht so wie ich."

"Ich kann ihn doch nicht einfach so auf ein Mädchen loslassen. Ich habe Angst um IHN."
Er wiegte sich leicht hin und her.
"Manchmal hatte ich es fast nciht mehr aus. Nachts wache ich oft auf und starrte ihn an. Manchmal fass ich ihn auch an und muss mich selbst zurück halten. Er ist nicht länger mein Parter, sondenr mein Kind...ich will ihn nicht wieder an mich ketten, aber es ist so schwer...so schwer...ich weiß nicht wie Cain das so oft geschafft hat...."

"Er schafft das schon.", murmelte sie und wandte den Blick ab.
Unterdrückte das Bedürfnis ihren Sohn in die Arme zu schließen. Es stand ihr einfach nicht zu.
Neo hatte es ja auch gesagt...selbst so jemand wie Neo bemerkte, wie wenig ihr so etwas zustand.
Wie wenig sie so etwas wert war.
"Ich weiß es nicht, Rees, aber glaub mir, wenn ich dir sage, dass er damals gelitten hat. Mehr als du dir vorstellen kannst. Yuu hat lange gebraucht, um ihn vor deiner Geburt wieder ein wenig herzurichten. Vielleicht war es diese Erleichterung. Ich weiß es wirklich nicht."
Sie setzte eine Pause an, überlegte sich, warum sie überhaupt so viel Schrott von sich gab und machte sich Sorgen darum, dass es ihn überhaupt nicht interessieren könnte, was sie sagte.
Nein, das tat es wahrscheinlich nicht.
"Ich hab es auch durch. Aber ich hab im Gegensatz zu euch grandios versagt. Es ist schwer. Ich weiß...aber wenn du ihn liebst, erziehst du ihn wie deinen Sohn. Du glaubst gar nicht, wie oft ich mir wünsche, dass ich es damals so getan hätte. Abstand genommen hätte oder am besten gar nicht erst losgegangen wäre, um ihn zu suchen. Du kannst nur hoffen, dass er wieder zu dir zurückkommt."

Das Umarmen wurde ihr abgenommen, denn Rees lehte sich mit dem Kopf an sie. Still tropften die Tränen seine Wangen herunter.
"Aber was wenn ich versage? Ich liebe ihn so sehr...aber...ich..ich glaube nicht, dass ich es schaffe..."
Seine Finger krallten sich in den Bettbezug.
"Und ihn zu ernähren...diese ganzen Fauen...es widert mich so an..."

Sie legte die Wange gegen ihn und schloss leicht die Augen.
Genoss für einen Moment die Berührung, ehe sie sich zu einer Antwort hinreißen ließ.
"Glaub an dich.", murmelte sie.
Ihr armer Kleiner...ihr armer, armer Kleiner.
"Es geht vorüber...alles geht irgendwann vorüber."

"Nein...soetwas geht nie vorüber...nie..."
Er schlag die Arme um seine Mutter und atmete zitternd ein.
"Es tut viel zu sehr weh und die Angst um ihn schnürrt mir die Kehle zu."

"Das meinte ich nicht, Rees."
Sie schüttelte leicht den Kopf.
"Irgendwann gewöhnst du dich an den Schmerz. Das ganze wird nicht vorüber gehen, aber das Bewusstsein dieses Schmerzes gegenüber wird schwinden."

"Warum hat er mich verlassen, Mom, warum?", platzte es jedoch nun aus ihm heraus.
Nein, Rees verstand es nicht.
"Was hab ich falsch gemacht?!"

Sie machte sich los und zog ihn nun ihrerseits in die Arme.
"Ich weiß es nicht, Rees, ich weiß es wirklich nicht. Ich würde dir diese Antwort so gerne geben...aber ich kann nicht."

Rees schwieg einfach etwas in ihren Armen und drückte sich an sie.
Nein, dass wusste nur Cain.
"Kann ich Cain holen und heute Nacht bei dir bleiben?", flehte er.

Sie zögerte eine Weile.
Ohne Yuu würde sie nicht schlafen und mit Cain dabei hatte sie eine hundertprozentige Garantie, dass sie wach bleiben würde.
Und dennoch...er bat sie darum.
"Natürlich darfst du.", antwortete sie ihm ruhig und strich ihm über die Wange.
Ihr Baby. Ihr Kleiner. Ihr armer Kleiner.

"Danke."
Er huschte davon um den schlafenden Cain zu holen.
Inzwischen klatschte auch ein nasser Yuu totmüde ins Bett.
Also musste sich Rees mit müh und Not noch dazu quetschen und Cain halb auf sich legen.
"Nacht, Mama."