Heruntergekommener Bahnhof [6]

"Es ist wichtig", meinte Yuu nun wieder beruhigt.

Cain zuckte kraftlos mit den Schultern.
"Ich will nicht. Will einfach nicht."

"Cain...was hättest du gemacht, hätte ich Hel nicht erschossen? Hättest du sie qualvoll verhungern lassen? Du spürst doch selbst, wie schmerzhaft das ist. Warum hast du das getan?"

Verwirrung zeichnete sich auf seinem Gesicht ab.
"Schmerzhaft? Was ist schmerzhaft? Der Hunger? Nein...nein, der tut nicht weh."
Dann stützte er den Kopf in die Hände und schüttelte ihn dabei.
"Ich weiß es nicht mehr. Ich weiß es wirklich nicht mehr. Ich glaube, ich wollte ihr nicht wieder weh tun. Nein, das nicht..."

"Hättest du nich...", meinte und sah ihn mitfühlend an.
"Wie denn auch? Wenn man jemand liebt macht es einem nichts. Aber wenn man gar nichts macht, schmerzt es schrecklich, Cain."

Seine Finger gruben sich in seine Haare.
"Doch. Hätte ich.", meinte er leise.
Ja, Cain war am Ende. Schon lange.

"Wie denn?", fragte Yuu ruhig.
Was auch immer Cains Problem an der Sache gewesen war.
"Weil sie eine Frau ist? Hör mal...wo ist da der Unterschied?"

"Weiß nicht. Hatte irgendwie einfach Angst davor, ihr weh zu tun."
Sie wieder zu verlieren.
Was er damit im Endeffekt doch getan hatte.

Yuu seufzte.
"Wenn man Frauen beim Sex weh tun will, müsste man es drauf anlegen..."
Sonst könnte er ja auch nicht mit Raiko schlafen...

Naja...Raiko war wesentlich unempfindlicher, als Rees/Hel.
Cain schwieg dazu.
War jetzt so oder so zu spät.
Weg war sein Kleiner. Ganz weg.

Stimmte auch wieder, Raiko war nicht so eng gebaut.
Yuu pflanze sich einfach mal dicht neben Cain.
"Sie bringen Rees und deine Tochter auf rituellem Weg um, deswegen dauert es einige Stunden. Sie können sie nicht einfach normal hinrichten. Danach wird die Macht auf Dariel oder eine ausgewählte Person übertragen. Du warst Rees's Freund, Cain. Ich weiß nicht ob dir etwas übertragen wird, aber ich hoffe nicht."
Ein weiteres tiefes Seuftzen.
"Du wärst igrendwann gestorben Cain...und dan wäre Rees wieder allein gewesen....jetzt darf er gegen...grausam..aber es ist der einzige Weg. DU solltest dich freuen und ihn nicht in Kummer sterben lassen. Sollte es das Sein noch irgendwo geben...wer weiß, vielleicht kommt er dann wieder. Vielleicht heut...vielleicht morgen...aber vielleicht auch gar nicht. Du solltest leben, Cain. Lebe, wenn du eine Strafe brauchst um die besser zu Fühlen. Lebe, weil Rees es nicht mehr kann."
Vorsichtig legte er ihm eine Hand auf den Rücken.
"Damals als ich Raiko verloren habe, ging es mir wie dir. Weil ich wusste das sie mich in dem Moment ihres Todes gehasst hat. Aber Rees liebt dich, da bin ich mir sicher. Vielleicht schaffst du es auch, wieder etwas neues zu sehen. Ich hatte das Glück, gleich Raiko zu finden, nachdem meine letzte Familie gestroben ist. Sei, dass Mädchen mit dem du groß geworden bist, war unter anderem meine Tochter. Und nur weil ich Raiko liebe, heißt das nicht, das ich Lin oder meine Kinder vergesse. Man kann mehr als ein Wesen lieben und nichts ist falsch daran. Glaub mir...du solltest es nocheinmal versuchen. Für den Anfang etwas essen. Es muss ja nicht gleich Sex sein. Such dir einen Kerl...oder vielleicht auch eine Frau, vielleicht fällt dir das für denn anfang leichter. Werd richtig satt. Das ist richtig. Wir haben mit Cade gesprochen. Er wird deine Gene verändern, dann kannst du Menschennahrung essen...aber davor musst du zu Kräften kommen."
Er nahm die Hand wieder von seinem Rücken.
"Lass ihn gehn, Cain. Dann ist er endlcih frei."

Cain konnte nichts anderes mehr tun, als ergeben zu nicken, während er innerlich die heißen Tränen verfluchte, die ihm nun über die Wangen liefen.
Wenn er nur eine Last war, dann musste er das tun, oder?
Und Yuu...ob du wolltest oder nicht, für Cain warst und bist du immernoch etwas ähnliches wie ein Vaterersatz.
Und genau aus diesem Grund lehnte er auf den Kopf leicht gegen Yuus Oberarm.
Theoretisch war Yuu auch immerhin sein Schwiegervater! Theoretisch!

Yuu schätzte die Situation kurz ab und nahm ihn dann einfach in den Arm.
Der arme Junge...Yuu hatte wirklich Mitleid.
Ja...Yuu drückte Cain auch wirklich OHNE Hintergedanken an seine Brust.
Er wusste wie es war, alles zu verlieren.
Schwiegervater, Onkel, Ziehvater und Stiefvater.

Das brach bei Cain vollends den Damm und der 'arme Junge' heulte sich so richtig schön aus.
War ja auch mal an der Zeit gewesen, oder?
Und es war ein Zeichen der Besserung.
Sei stolz auf dich, Yuu. Sei wirklich stolz auf dich.
Du warst ihm in diesen drei Minuten mehr Vater, als Cade es in all den Jahren gewesen war.

War ja auch nicht schwer, oder?
Zudem sah Yuu ihn sowieso als seinen Sohn an. Egal was für Scheiße er schon gebaut hatte.
Behutsam strich er ihm über den Rücken und lies ihn einfach weinen.
Ja...war Zeit gewesen, dass er es raus lies. Danach würde es ihm besser gehen.
"Danke Cain. Du hast dich gut um Rees gekümmert. All die Zeit. Er verdankt dir sein Leben. Ich bin stolz auf dich und ehre deine Taten."

Nach einer Weile war es auch wieder gut und Cain schob Yuu recht diskret, aber mit einem leisen "Danke, geht wieder.", von sich.
Der Stolz lag eben auch in der Familie.
"Und ich hab gar nichts gemacht.", widersprach er Yuu, bevor er sich einfach erhob und langsam die Straße hinunterging.

Auch Yuu stand auf, sah ihm aber nur nach.
"Manchmal erkennen wir unsere eigenen Heldentaten einfach nicht...", meinte er, ohne das Cain es noch hören konnte.
Dann machte er sich auf den Weg ins Hotel, mit der Hoffnung Cain würde endlich etwas Essen.

Tat er auch...mehr oder weniger.
Zunächst würde er sich nur vor dem Puff stellen.
Nach so langem ohne Nahrung sollte er sich nicht sofort die volle Portion reinballern.

Guter Cain....er musste zu Kräften kommen.
Yuu entschied derweilen erst Morgen zu Cade zu gehen, da es schon spät war.
Stattdessen bereitete er nun einen Raum für Raiko vor.

Ja, er war ganz brav!
Und Raiko...ja, die hatte sich aus langeweile tatsächlich das Fernseh angemacht und beobachtete kritisch das ihrer Meinung nach beschränkte Programm.

Nach einer viertel Stunde kam Yuu endlich zu ihr.
"Rai-chan?"

Ihre Augenbrauen schnellten sofort nach oben und sie löste liebend gern den Blick vom Bildschrim.
Seit wann nannte er sie so...? Hatte sie irgendwas verpasst?
"Seit wann nennst du mich Rai-chan?", fragte sie skeptisch.
Vor einer Dimension hätte sie ihn dafür noch angefaucht...mittlerweile durfte er das.

"Einfach mal so..."
Sie wurde auf seine Arme gehoben und aus dem Zimmer getragen.
"Du hast gesagt wir machen es auf meine Art, ja? Vergess das nicht."
Schon gings in den Aufzug.

Und es machte klick.
Es wunderte sie zwar etwas - also, das 'jetzt schon' - aber... etwas dagegen haben? Nein, gar nichts.
"Ich weiß, das hab ich gesagt."
Und wenn er es nochmal betonte, dann konnte es 'böse' werden...

"Dann lass dich bitte darauf ein, ja?"
Sie wurde auf die Wange geküsst.
"Augen zu bis ich es sage."

Ich versuchs, wäre jetzt schlecht gekommen, oder?
"Okay", machte sie also nur munter, sah noch einmal kurz zu ihm hoch und schloss dann brav die Augen.

Bald schon wurde sie auf etwas weiches gelegt,
Vorsichtig schälte Yuu Raiko aus ihrer Kleidung und strich hierbei über ihre zarte Haut.
Dann nahm er sie jedoch wieder hoch.
"Nicht erschrecken."
Schon wurde die nun nackte Raiko in ein Becken mit warmen Wasser gesetzt.
Ein Whirlpool.Yuu setzte sich hinter sie und zog sie dann zu sich.
"Augen auf."
Sie waren ganz oben auf dem Dach des Hotels, das aus einer riesigen Glaskuppel bestand und sonst in Alt-japanischem Stiel gehalten war.
Alles war mit Holz ausgelegt und er Whirlpool war in den Boden einlassen, ragte jedoch etwas hervor.
Der Raum war durch endlos viele Kerzen erhellt und man hatte eine atemberaubende Sicht auf die Skyline Tokyos unter dem Sternenhimmel.
Yuus Art.

Nein, sie erschrak sich nicht.
Immerhin vertraute sie Yuu...und trotzdem war sie neugierig, war versucht, zu spicken.
Ja, es war schon eine ganz schöne Herausforderung, die Augen geschlossen zu halten.
Das Wasser machte alles nur noch schlimmer und fast hätte sie reflexartig die Augen geöffnet.
Okay, ihre Lider waren ein paar Millimeter hochgezuckt, aber sie hatte ja nur Wasser gesehen!
Jetzt - mit Yuus Erlaubnis - öffnete sie langsam die Augen, blinzelte, bis sich ihre Pupille scharf stellte und ließ den Blick dann durch den Raum schweigen.
Hmm...vielleicht ein paar Kerzen zu viel...
"Du Spinner", lachte sie leise, meinte es aber keinesfalls böse.

"Ich mag Feuer."
Er knabberte ihr brav am Ohr.

"Ich weiß."
Sie drehte sich leicht und hauchte ihm einen Kuss auf die Wange.
"Und ich mag das hier."