Heruntergekommener Bahnhof

"Danke."
Er bekam einen Kuss auf die Brust.
"Bis später oder Morgen."

"Ich glaub eher morgen.", grinste er.
"Bye."
Er hatte ja den Schlüssel und sollte er wieder so spät zurückkommen, wie den Tag zuvor, dann würde Cain schon schlafen.

Kam er.
Cain würde diese Nacht dann wohl wieder sehr sehr heiß werden.
Aber immerhin wachte er nicht allein auf!

Was...merkwürdig war.
Er beschwerte sich dieses Mal nicht einmal, sondern beobachtete Rees.

Der schlief wie ein Lamm auf ihm.
Ein sündiges Lamm - aber ein Lamm!

Rees war doch kein Lamm... Nicht mal ein Sündiges.
Nur blöd, wenn jetzt unangekündigt die Wohnungstür aufgeschlossen wurde.
"Cain?"
Papa war da!
Cain zuckte auch direkt erschrocken zusammen, bevor er Rees hastig von sich schob und sich eine Hose und ein T-shirt suchte.
"Dad!? Was machst du hier!?"
"Wo bist du? Ich muss mir das Mal ansehen."
"Hättest du nicht vorher anrufen können!?"

Peinlicher Moment.
Sehr peinlich!
Rees drehte sich auf dem Bett zur Seite.
So ein Krach!

Schritte erklangen aus Richtung der Wohnküche.
"Warum? Gibt es einen Grund, warum ich vorher anrufen sollte?"
"Nein! Ich komm, warte! WARTE!"
Hastig wurde sich die Hose über die Hüfte gezogen und das T-shirt mühselig übergestreift.
"Ich warte."
"JA doch!", knurrte Cain zurück, bevor er aus seinem Schlafzimmer eilte und sich dabei durch die Haare strich.
Cade musterte ihn erst einmal von oben bis unten, während Cain seinem Blick auswich und schluckte.
Oh Scheiße...er würde es merken!

Vermutlich hatte er es schon bemerkt.
Rees wurde jetzt aber von dem ganzen gerufe wach.

"Hast du Besuch?"
Cain zuckte.
"Äh..."
"Vielleicht hätte ich tatsächlich anrufen sollte.", meinte Cade langsam, musterte ihn weiter.
Cain trat unruhig auf der Stelle.
"Die..äh...Die Wunde sieht schon besser aus, Dad....willst du sehen?", versuchte er das Thema zu wechseln.
Cade nickte und stellte seine Tasche auf den Tresen.
"Zeig her."

Nur leider ging in diesem Moment hinter Cain die Schlafzimmertür auf und ein verschlafener Rees tapste heraus.
Träge rieb er sich die Augen und drückte sich an Cain. Nahm sogar seine Hand.
"Warum machst du so einen Krach?", fragte der nackte Junge, ohne Cade zu bemerken.
"Willst du Frühstück?"

Cain versteinerte förmlich.
Wurde aschfahl im Gesicht, während er Rees anstarrte und seinen Blick dann langsam zu Cade gleiten ließ.
Erschrocken.
Dieser musterte Rees.
"Du hast also tatsächlich Besuch.", kommentierte er trocken.

Was dazu führte, dass auch Rees ihn bemerkte.
"Oh", war das einzige was ihm entfuhr, ehe er schnell einen Schritt von Cain weg machte.
"Ich...ich zieh mich Mal eben an..."
Cain bekam einen "Sorry!"-Blick ehe er schnell ins Schlafzimmer schlüpfte.
Scheiße gelaufen für Cain.
Rees hatte echt Mitleid. Das war übel!

War ja nicht so, als ob Cade es nicht schon gerochen hätte...oder vermutet, als er Rees das letzte Mal gesehen hatte.
Den Blick sah Cain nicht, er starrte seinen Vater an.
Cade erwiderte seinen Blick reglos.
"Das Brandmal, Cain.", sagte er dann und der Junge zuckte erneut, zog sich hastig das T-shirt über den Kopf und ließ Cade nach der Wunde schauen.
Das alles lief in eisigem Schweigen ab.
Als er fertig war und Cain wieder verbunden, holte er zwei Dosen aus seiner Tasche.
"Neue Salbe für die Wundheilung und sobald sich die Haut geschlossen hat, nimmst du die Zweite für die Narbenbildung, dann werden es keine Wulste, sondern feine Linien.", wies er ihn an und packte dann sein Zeug zusammen.
"Okay...", meinte Cain, musterte ihn noch immer vorsichtig. Aber Cade sagte nichts zu Rees, nickte ihm nur knapp zu und verließ die Wohnung dann wieder.
"Bye, Dad..."

Rees war irgendwann leise dazu gekommen und saß in Cains Klamotten still auf einem Stuhl an der Seite.
Als Cade ging winkte er ihm.
"Tschüss."
Dann sah er Cain an und verzog das Gesicht.
"Scheiße gelaufen."

"Ich glaube, das war noch ganz gut.", meinte Cain skeptisch, seufzte tief und ließ sich auf das Sofa fallen.
"Scheiße."

"Ruf ihn später an und sag das war ein ausrutscher. Wir waren betrunken."

"Werd ich nicht."

"Wieso? Ich denke er glaubt dir dann!"

"Er ist nicht dumm, Rees."
Er zuckte mit den Schultern.
"Früher oder später hätte er das so oder so mitbekommen."

"Du hast dich noch nicht entschieden. Alles kann sich ändern."

"Stimmt. Aber ich mag dich und damit wird er leben müssen."

Blinzeln.
"Ach wirklich? Du magst mich?"

"Hab ich doch schon gesagt, oder?"

"Nicht in der Art und Weiße."

Er zuckte mit den Schultern.
"Tja."

"Ich mag dich auch."

Er blinzelte überrascht.
"Auf welche Weise?"

"Nicht auf die Art und Weiße, wie ich andere Personen mag. Nicht so wie ich nur einen Kumpel mag."
Er streckte sich.
"Essen?"

"Obwohl du in Ohnmacht gefallen bist, als ich dir gezeigt habe, was ich bin?", witzelte er, aber das Lächeln auf seinen Lippen sagte etwas anderes aus.
Freude. Leise, ehrliche Freude.
"Kann es sein, dass du immer Hunger hast?"